Irreführende Namen bei Finanzprodukten unter Beschuss!

Wie bezeichnet man etwas, damit es sich gut verkauft, der Kunde aber dennoch nicht in die Irre geführt wird? Gerade im Finanzbereich ist Vertrauen essentiell, und somit auch, dass Kunden das Gefühl haben, dass sie das bekommen, was sie suchen (respektive, was auf dem Produkt drauf steht). Wie nun ein Urteil in einem Verfahren gegen die Commerzbank zeigt, ist dies (wir ahnten es schon) nicht immer der Fall.

Konkret geht es um zwei Begriffe zur Kennzeichnung von Risikoklassen in der Geldanlage:

Risikoklassen Finanzprodukte

Der Kläger im Verfahren gegen die Commerzbank hatte von der Bank Investmentprodukte dieser beiden Risikokategorien erworben und sah sich nach ersten Verlusten über die wahre Natur und die tatsächliche Verlustgefährdung getäuscht – da die Begriffe „Wachstum” und „Chance” dies nicht vermittelt hätten bzw. falsche Produkte so kategorisiert gewesen wären. Jetzt war im Gerichtsverfahren die entscheidende Frage, was man unter diesen Begriffen versteht.

Zur Bewertung hat das Gericht den normalen Menschen mit normalem Wissen zur Grundlage gelegt. Und dieser denkt bei beiden Kategorien eher an positive Möglichkeiten, denn an Totalverlust. Tatsächlich handelt es sich hier um die beiden riskantesten von vier Risikoklassen. Höchstes Verlustrisiko wird also mit „Chance“ markiert. Das ist so branchenüblich; allgemein verständlich (und ehrlich) ist es deshalb nicht unbedingt. Entsprechend urteilte nun das Oberlandesgericht in Stuttgart, dass der Kunde getäuscht worden sei über die wahre Natur (und die tatsächlichen Verlustrisiken) der verkauften Finanzprodukte.

Was lernen wir daraus? Insbesondere beschreibende (deutsche) Bezeichnungen bieten eine Fülle von Möglichkeiten, um Menschen direkt und attraktiv anzusprechen, täuschen aber ist nicht gut. Beispiele für treffende und attraktive Namen z.B. der Versicherungskammer Bayern gibt es auch.

Nachtrag:
Auf Hinweis einer Leserin (Danke!) habe ich die Namen der beiden anderen Risikoklassen herausgesucht: „Stabilität“ und „Einkommen“. Zu diesen braucht man nichts hinzuzufügen. Was aber noch erwähnenswert ist: Die Suche danach ist gar nicht so einfach, weil die Bank selbst nicht den gesetzesbasierten Begriff der „Risikoklassen“ verwendet, sondern einen eigenen: „Anlagestrategie“.

Verrückter neuer Name für rauen Hals: Streptokokken

Neulich erzählte eine Freundin, ihre Kinder seien krank gewesen. Was sie denn gehabt hätten? Na, Streptokokken. Sie benannte tatsächlich nicht die Krankheit des Kindes, der bedrohliche Erreger schien da die bessere Wahl. Da fühlt man sich in einem tiefen, dunklen Tal.* Warum und was ist hier passiert?

Fangen wir mal ganz einfach und von vorne an:

  • Was sind Streptokokken? Eine Familie von Bakterien, also ganz kleine Tierchen.
  • Was machen die so? Manchmal tun sie Krankheiten auslösen, und zwar die verschiedensten, z.B. Halsentzündung, Mandelentzündung, aber auch Hirnhautentzündung oder Karies.
  • Wo kommen die vor? Überall, dauernd. Mit quasi 100%iger Wahrscheinlichkeit haben auch SIE genau in diesem Moment welche an oder in Ihrem Körper. Deshalb gleich die nächste Frage:
  • Sind die gefährlich? Ja und nein. Meistens nicht, aber manchmal schon, wenn sie überhandnehmen und einen (sehr) krank machen. Und manche sind harmlos, andere sehr gefährlich.

Früher hatte man dann eben eine Krankheit, z.B. eine heftige Halsentzündung. Heute hat man den Erreger** (der aufgrund seiner Vielzahl von Unterarten und Unterstämmen eben noch eine Vielzahl anderer Krankheiten draufhat) – die Streptokokken halt (wobei ich vermute, dass Menschen mit Hirnhautentzündung eher dazu tendieren zu sagen, sie hätten Hirnhautentzündung, als Streptokokken – denn sonst wären sie ja wieder auf einer Ebene mit den Rauhälsen). Nachdem wir nun stark ahnen, dass das Blödsinn ist und kaum hilfreich, stellt sich zwingend die Frage: Wem hilft diese vermeintliche Präzision?

Nun, zunächst vermutlich mal dem Arzt, denn der (und natürlich auch der Kunde, also der Patient) hat ein klares Feindbild. Der Arzt kann seine Standardantibiotika verschreiben, und Augenmaß ist nicht mehr vonnöten, nachdem der Feind auch bei einer nicht lebensbedrohenden Erkältung so klar bezeichnet ist. Wer auch noch was davon hat, sind natürlich diejenigen Patienten, die nicht normale Krankheiten haben wollen, sondern etwas Klingendes, etwas Beeindruckendes, aber auch etwas Bedrohliches und Fremdliches, z.B. so etwas wie – genau – Streptokokken.

So bleibt zu konstatieren, dass auf diese Weise natürlich weder die Therapien besser werden noch die Patienten schneller gesund oder besser behandelt werden, da de facto ungenauer gearbeitet wird als bei den so simpel bezeichneten traditionellen Krankheitsbildern. Aber darum geht es wohl auch nicht. Sondern es geht: um die Macht der Namen.

* Analog könnte man einen Freund nach einer durchzechten Nacht fragen was er getrunken habe und er eröffnet: Getränke. Oder jemand antwortet auf die Frage, was es zum Essen gegeben habe, verschiedene Nahrungsmittel.

** Bei solchen Krankheitsbildern steckt meist Streptococcus pyogenes dahinter, wenn man schon präzise sein will.

Hier noch ein Portrait einer Streptokokke, einfach  damit Sie sich alles noch besser vorstellen können:

Zeichnung einer Streptokokke - neues Synomym für Krankheiten

Galaxy Note 3 – Testnote oder Modell?

Man kennt ja Werbung mit Testurteilen. Am liebsten wird natürlich mit der Note 1 (= sehr gut) geworben. Verständlich. Umso kurioser, wenn man auf Werbung mit der Note 3 trifft, wie beim Galaxy Note 3. Es ist nicht schrecklich dramatisch, aber doch kurios: die Verbindung des englischen „Note“ mit dem Modell oder seiner Version, was im Deutschen Neues schafft:

Galaxy note 3 Name
Plakat von Vodafone mit dem Galaxy Note 3 von Samsung, © Werner Brandl

 

Herbstzeit, Pilzzeit: Die schönsten Pilznamen

In wenigen Bereichen gibt es so sprechende und aussagekräftige, gleichzeitig aber fast lyrisch klingende Namen wie im Reich der Pilze. Grund genug, einmal die (meiner Meinung nach) zehn schönsten, beeindruckendsten und farbenfrohesten herauszusuchen. Voilà:

  • Harziger Sägeblättling
  • Saitenstielieger Knoblauchschwindling
  • Scharfer Korkstacheling
  • Zinnoberroter Prachtbecherling
  • Bärtiger Ritterling
  • Behangener Faserling
  • Orangefuchsiger Rauhkopf
  • Gewimperter Erdstern
  • Geweihförmige Holzkeule
  • Himbeerrote Hundsrute
  • Fleckender Schmierling
  • Ockerbraunes Samthäubchen
  • Stinkende Lederkoralle
  • Kopfige Kernkeule
  • Knopfstieliger Rübling

Jetzt sagen Sie vielleicht, naja, mit Adjektiv ist das ja einfach. Aber geht das auch ohne Adjektiv? Natürlich, hier ein paar besondere Prachtexemplare:

  • Krönchenträuschling
  • Klapperschwamm
  • Juchtenellerling
  • Muschelkrempling
  • Mehlräsling
  • Elfenbeinschneckling
  • Glocken-Düngerling
  • Eierwulstling
  • Apfeltäubling
  • Anemonenbecherling

Wer mehr Zeit und Muße hat, kann die Pilze einfach nach der Vorstellung aufgrund der Namen malen. Sicher ein lohnendes Vorhaben. Hier noch ein wunderschönes Exemplar eines Baumpilzes, der leider noch nicht identifiziert ist:

Baumpilz im Herbst, weiß, namenlos
Baumpilz auf toter Kiefer an der Isar, © Werner Brandl

Was für ein Name für eine Filmproduktion!

Nach langer Zeit mal wieder was zum Thema Film. Ein Freund machte mich auf „Where’s the beer and when do we get paid?“ einen unterhaltsamen Dokumentarfilm (nein, das widerspricht sich nicht!) über und mit Jimmy Carl Black, den Schlagzeuger der Mothers of Invention aufmerksam. Besonders super ist natürlich, dass der Film zum Teil in meiner Heimat im Chiemgau gedreht worden ist.

Jimmy Carl Black Filmplakat

 

Warum er aber hier überhaupt auftaucht, hat einen anderen Grund. Den Namen der Produktionsfirma der beiden Macherinnen des Films: Böller und Brot. Ein Name, der bei mir sofort im Hirn, und gleichzeitig im Herz eingeschlagen hat. Trifft Deutsch doch intensiver als Englisch?

 

Namen für Lebensversicherung und Varianten: Neu, anders, schöner

Lebensversicherung? Kennt jeder. Ihre Varianten und Optionen? Da müssen die willigen Kunden beim Informieren und beim Antrag durch, aber verstehen sie die Begriffe überhaupt? Traditionell werden Versicherungskunden mit schwierigen und oft unverständlichen Namen konfrontiert. Wer neue Kunden gewinnen will, sollte sich um einfache und klare Namen für die Finanzdienstleistungen bemühen. Auch die Versicherungskammer Bayern denkt so und hat deshalb das Thema verständliche Bezeichnungen für Finanzen zusammen mit der Namensentwicklung Werner Brandl angepackt.

Risiko-Lebensversicherung der Versicherungskammer Bayern
Bildwelt der Risiko-Lebensversicherung der Versicherungskammer Bayern 2013, © Bild VKB

Bei den Risiko-Lebensversicherungen gibt es, wie angedeutet, eine Menge Varianten mit eigenen Bezeichnungen. Bei dreien davon erkannte die Versicherungskammer Handlungsbedarf, da diese einer technischen und nüchternen Sicht auf die Dinge entspringen. Vor allem stellen sie nicht den Nutzen für den Kunden heraus. Eine von ihnen hieß „vorgezogene Todesfallleistung“. Man kann das mit ein wenig Nachdenken richtig verstehen, der Name wirkt aber sehr sachlich und klingt fast ein wenig herzlos. Ein anderes Feature hieß „fallend“, was arg steil und nicht sehr vielversprechend klingt. Und dann gibt es noch eine Partneroption, mit der Bezeichnung „verbunden“. Diese ist technisch sicher korrekt, aber sie besitzt noch Potential in den Dimensionen Attraktivität und Klarheit.

Meine Aufgabe war es, für diese drei Varianten attraktivere, leicht verständliche und deutsche (also nicht diffus-modern englischbasierte) Namen zu entwickeln. Namen, deren Bedeutung die Kunden leicht erfassen, und die dem Vertrieb die Arbeit erleichtern, da weniger Zeit für Erklärungen benötigt wird.

Wie lauten nun die Bezeichnungen der Varianten der Lebensversicherung vor und nach der Umbenennung? Hier die ersten beiden:

Optionen der Lebensversicherung
Bild 2: Entwicklung von zwei Variantennamen zur Risiko-LV: „für zwei“ und „absinkend“

Und die dritte Variante:

Optionen der Lebensversicherung
Bild 3: Entwicklung des Variantennamens „Leistung zu Lebzeiten“ zur Risiko-LV

Die neuen Namen sind klarer, zeitgemäßer, verständlicher, freundlicher und attraktiver. Sie meinen, die Lösungen klängen einfach? Perfekt, denn genau so sollen sie auch wirken – quasi selbstverständlich. Dass es trotzdem schwierig war, sie zu finden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Und für den Versicherungskunden ist das (zum Glück) eh überhaupt nicht wichtig.

Noch ein paar Worte zum Auftraggeber und zur Produktwelt: In Bayern kennt die Versicherungskammer jeder, denn hier ist sie der Marktführer. Sie gehört zu den zehn größten Erstversicherern in Deutschland und hat alle relevanten Versicherungen für Privatpersonen und Gewerbe im Portfolio. Auf dem Gebiet der Lebensversicherung bietet sie verschiedene Varianten der Rentenversicherung für die eigene Altersvorsorge an, aber auch den Klassiker Risiko-Lebensversicherung, um seine Kinder, seine Familie – wen man halt gerne hat – zu versorgen. Um Vermögen zu bilden und zu übertragen gibt es innovative Produkte, wie das GenerationenDepot, und die neu eingeführte EinkommensSicherung schützt vor den finanziellen Folgen von Berufsunfähigkeit.

Großer Launch: Finanzmarke „girogo“ bundesweit

Der letzte Artikel zu girogo stellte die neue Finanzmarke vor, noch bevor sie in der Pilotregion eingeführt wurde. Nun, 2013 ist es Zeit für einen Nachtrag, denn der Rollout läuft auf vollen Touren. Bis 2015 werden zum Beispiel alle 45 Millionen Bankkarten der Sparkassen mit der neuen kontaktlosen Bezahlfunktion ausgerüstet sein. Zur Erinnerung noch mal das Logo:

Neue Finanzmarke girogo: Name und Logo
girogo Logo, © Euro Kartensysteme

Und ganz kurz noch mal, worum es geht, was girogo kann: Bezahlen im Kleingeldbereich bis zu 20 Euro ohne Stecken der Karte, ohne Unterschreiben, also unkompliziertes, schnelles Bezahlen. Für die Kunden sind die Vorteile klar: kein Suchen nach Kleingeld oder Karten, einfach die Karte mit girogo an den Leser halten und fertig. Also schneller Bezahlen und weniger Warten. Für die Geschäfte, die girogo akzeptieren, gibt es noch einen anderen gewichtigen Vorteil:  reduzierte Ausgaben für das Bargeldhandling.

Mehr Informationen findet man direkt auf der girogo Marken-Website.

 

PS: Wenn Sie sich fragen, warum die Marke hier vorgestellt wird? Ganz einfach, der Name stammt aus meiner Naming-Agentur, das Logo von meiner Partneragentur für Design und Logogestaltung, Meso in Frankfurt.

 

Mia san hier – Bairisch ist uns fremd – Nachtrag

Sensation: Bild gefunden! Der Nachtrag mit dem zweiten Bild zum Thema „Gruselbairisch“.

Es ist uns doch noch ein car2go Plakat von Daimler in München vor die Linse gekommen mit dem lustigen Slogan „Mia san hier“. Wie im letzten Post schon gesagt – ein Musterbeispiel für Bastardbairisch.

Das Plakat von car2go hat noch einen besonderen sprachlichen Bonuskick. Der Gestalter hat noch ein (eigenartig klein eingefügtes) „Servus München“ ins Plakat gemogelt. Na, was bedeutet das wohl? Genau, hier ist jemand gekommen, und jetzt verabschiedet er sich auch schon wieder. Zumindest ist das eine der beiden legitimen Interpretationen, und sicher die lustigere. Darauf ein herzhaftes oans, zwoa, gesuffa 😉

Und hier natürlich das Fotodokument zum Mobilitätsdienstleister:

Slogan „mia san hier“ von car2go in München
Ansicht auf der Litfaßsäule: „mia san hier“, © Werner Brandl

Mia san hier – und Bairisch ist uns fremd

Hätte der FC Bayern doch geahnt, was uns da noch alles angetan wird, weil sie das „Mia san mia“ so in die Welt hinausgetragen haben. Ein Freund machte mich auf eine besonders kuriose Vermischung aus Hochdeutsch und Bairisch aufmerksam.

Wie viele ja wissen, tobt mittlerweile ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb unter den althergebrachten Carsharinganbietern und den neuen meist herstellerabgesandten. Nun ist auch Daimler mit seinem car2go in München angekommen und annonciert dies unter dem lustigen Slogan „Mia san hier“. Was natürlich ein Musterbeispiel für Bastardbairisch ist, denn „hier“ – wo gibt es denn so etwas. Im Bairischen nicht, denn da heißt das „da“, oder für Lautschreiber eher „do“.

Was die Sache aber besonders lustig macht – zur gleichen Zeit wie Daimler plakatiert auch der DFB in München und bewirbt ein Damen-Fußballspiel. Der Spruch dafür – man ahnt es bereits – so schmerzhaft es ist: „Mia san hier“.

Hier noch ein Fotodokument, wie das im echten Leben ausschaut, leider nur vom Fußballplakat, die Carsharingplakate sind leider nicht mehr auffindbar. Entweder die Startphase ist vorbei, oder die Duplikation wurde bemerkt.

Hochdeutsch - Bairisch Slogan „Mia San Hier“ des DFB
Slogan „Mia San Hier“ des DFB, © Werner Brandl

PS: Die Kenner werden es wissen, die Aufmerksamen erkennen, Daimler ist natürlich beim DFB als Sponsor dabei. Also eventuell doch ein Fall von Synergie?

PPS: Mehr Infos zu Slogans und Claims findet man auch auf meiner Seite extra zu diesem Thema.

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