Ebay führt neues Wort „entfolgen“ ein – dürfen die das?

Wer bei Ebay die „Suche speichern“ Funktion genutzt hat, dem wird es sicher aufgefallen sein. Bisher konnte man seine gespeicherten Suchen löschen, z.B. wenn man den Artikel zwischenzeitlich erwerben konnte. Nun ist das alles anders, man „folgt Suchanfragen“, und logischerweise kann man das Folgen dann nicht löschen, sondern, und da wird es wirklich bahnbrechend, man kann den Suchanfragen nur noch „entfolgen“. Das hat zwar eine gewisse Logik, aber Logik ist nicht immer schön.

Wie das in der Praxis aussieht:

Screenshot Ebay Funktion „entfolgen“

Irgendwie ist es schon schade, dass ein Unternehmen die Macht hat, die Sprache und das Denken der Menschen so plump und unelegant zu verändern. Dabei geht  das viel eleganter. Beispiele finden Sie hier.

 

Zugname zum Staunen: www.pneumokokkenab50.at

Treue Leser erinnern sich vielleicht. Österreichische Zugnamen waren schon einmal ein Thema hier im Blog. Nun ein famoses Update mit einem sensationellen Zugnamen, der wirklich zu Denken gibt:

Kurioser Zugname aus Österreich: pneumokokkenab50.at

So wird der Zugname in Österreich wirklich am Bahnhof durchgesagt. Als Deutscher wird man da ganz demütig und nörgelt nicht mehr, weil die ICEs nun nach Städten und nicht mehr z.B. nach Heinrich Mercator benannt sind. Hier noch ein paar Vorschläge in der Projektpipeline, die ein Mäuschen uns zugespielt hat (bei denen macht das den Kindern Erklären sogar noch mehr Laune!):

www.chlamydienab14.at

www.lymphomab40.at

www.virusimhals.at

www.grosse-beschwerden.at

und, natürlich,

www.demenzab18.at

Hier noch ein schöner Artikel zum Konzept der Zugnamenpatronanz, und wer selber einen Zugnamen kaufen möchte, der ist beim Verkehrsverlag in Klagenfurt richtig. Wer aber selbst ein neues Eisenbahnunternehmen gründen möchte, der sollte bei mir vorbeischauen.

 

Topp statt Flopp: „Volgaz“-Sekt aus der Schweiz.

„Volgaz”, der Name eines Schweizer Sektes. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. So ging es mir leider in diesem Fall. Während ich erst dachte, dies wäre eines der üblen Saufwortspiele – die Namen der entsprechenden Produkte machen in Deutschland ja vor keiner Geschmacklosigkeit halt – ist hier alles anders.

VOLGAZ Sekt aus der Schweiz von Volg

Dies ist kein Sekt für eine Vollgas-Party bis zum Abwinken, sondern es ist ein Sekt herausragender Qualität der seriösen Schweizer Handelskette Volg. Der Name „Volgaz“ lässt sich einfach herleiten. Erstens aus dem Namen der Kette bzw. dem Namen der Schwesterfirma „Volg Weinkellereien“, die den Sekt aus Schweizer Trauben aus dem Zürcher Weinland erst vinifiziert und schließlich versektet. Zweitens aus dem eine herausragende Produkteigenschaft vermittelnden „gazeuz“.

 

So kommt es, dass im Kontext der Marke „Volg“, des Produktes mit seinen Eigenschaften und nicht zuletzt auch der Differenzen zwischen Hochdeutsch und Schweizerdeutsch, ein Produktname entstanden ist, der keinerlei negative Assoziationen oder auch nur Gefühle von Unpassendheit vermittelt. So kann man sich täuschen. Für den Export ins deutsche Ausland würde sich allerdings ein Namenstest anbieten.

 

Herzlichen Dank an Tamara Scheibli von Volg für Aufklärung der Hintergründe und Überlassung des Bildmaterials. Für die besonders Interessierten (und die mit Zugang zu Volg-Geschäften) geht es hier zum Sekttest und hier direkt zu Volg.

 

Air Berlin Claim: Langeweile is in the air.

Air Berlin hat einen Claim. Der ist nicht neu, aber er ist mir noch nie aufgefallen.
Aus gutem Grund:

Air Berlin-Claim „Your Airline.“

Nicht mithilfe von NSA, BND, SPD etc. – nur mithilfe von Geheimdenken und Heimlichempathie – gelang es uns, die Favoritenliste für diese Entscheidung zu rekonstruieren.

Auf Platz 2: My Airline.

Platz 3: An Airline.

Platz 4: Cheaper than a taxi.

Platz 5: Faster than a train across long distances.

Platz 6: Something similar to Lufthansa.

Platz 7: If you want to fly.

Platz 8: Better than walking.

Platz 9: Stop talking.

Und abgeschlagen auf Platz 10:

Makes me think of birds.

PS: Hier gibt es mehr Infos zu Slogans und Claims.

Irreführende Namen bei Finanzprodukten unter Beschuss!

Wie bezeichnet man etwas, damit es sich gut verkauft, der Kunde aber dennoch nicht in die Irre geführt wird? Gerade im Finanzbereich ist Vertrauen essentiell, und somit auch, dass Kunden das Gefühl haben, dass sie das bekommen, was sie suchen (respektive, was auf dem Produkt drauf steht). Wie nun ein Urteil in einem Verfahren gegen die Commerzbank zeigt, ist dies (wir ahnten es schon) nicht immer der Fall.

Konkret geht es um zwei Begriffe zur Kennzeichnung von Risikoklassen in der Geldanlage:

Risikoklassen Finanzprodukte

Der Kläger im Verfahren gegen die Commerzbank hatte von der Bank Investmentprodukte dieser beiden Risikokategorien erworben und sah sich nach ersten Verlusten über die wahre Natur und die tatsächliche Verlustgefährdung getäuscht – da die Begriffe „Wachstum” und „Chance” dies nicht vermittelt hätten bzw. falsche Produkte so kategorisiert gewesen wären. Jetzt war im Gerichtsverfahren die entscheidende Frage, was man unter diesen Begriffen versteht.

Zur Bewertung hat das Gericht den normalen Menschen mit normalem Wissen zur Grundlage gelegt. Und dieser denkt bei beiden Kategorien eher an positive Möglichkeiten, denn an Totalverlust. Tatsächlich handelt es sich hier um die beiden riskantesten von vier Risikoklassen. Höchstes Verlustrisiko wird also mit „Chance“ markiert. Das ist so branchenüblich; allgemein verständlich (und ehrlich) ist es deshalb nicht unbedingt. Entsprechend urteilte nun das Oberlandesgericht in Stuttgart, dass der Kunde getäuscht worden sei über die wahre Natur (und die tatsächlichen Verlustrisiken) der verkauften Finanzprodukte.

Was lernen wir daraus? Insbesondere beschreibende (deutsche) Bezeichnungen bieten eine Fülle von Möglichkeiten, um Menschen direkt und attraktiv anzusprechen, täuschen aber ist nicht gut. Beispiele für treffende und attraktive Namen z.B. der Versicherungskammer Bayern gibt es auch.

Nachtrag:
Auf Hinweis einer Leserin (Danke!) habe ich die Namen der beiden anderen Risikoklassen herausgesucht: „Stabilität“ und „Einkommen“. Zu diesen braucht man nichts hinzuzufügen. Was aber noch erwähnenswert ist: Die Suche danach ist gar nicht so einfach, weil die Bank selbst nicht den gesetzesbasierten Begriff der „Risikoklassen“ verwendet, sondern einen eigenen: „Anlagestrategie“.

Verrückter neuer Name für rauen Hals: Streptokokken

Neulich erzählte eine Freundin, ihre Kinder seien krank gewesen. Was sie denn gehabt hätten? Na, Streptokokken. Sie benannte tatsächlich nicht die Krankheit des Kindes, der bedrohliche Erreger schien da die bessere Wahl. Da fühlt man sich in einem tiefen, dunklen Tal.* Warum und was ist hier passiert?

Fangen wir mal ganz einfach und von vorne an:

  • Was sind Streptokokken? Eine Familie von Bakterien, also ganz kleine Tierchen.
  • Was machen die so? Manchmal tun sie Krankheiten auslösen, und zwar die verschiedensten, z.B. Halsentzündung, Mandelentzündung, aber auch Hirnhautentzündung oder Karies.
  • Wo kommen die vor? Überall, dauernd. Mit quasi 100%iger Wahrscheinlichkeit haben auch SIE genau in diesem Moment welche an oder in Ihrem Körper. Deshalb gleich die nächste Frage:
  • Sind die gefährlich? Ja und nein. Meistens nicht, aber manchmal schon, wenn sie überhandnehmen und einen (sehr) krank machen. Und manche sind harmlos, andere sehr gefährlich.

Früher hatte man dann eben eine Krankheit, z.B. eine heftige Halsentzündung. Heute hat man den Erreger** (der aufgrund seiner Vielzahl von Unterarten und Unterstämmen eben noch eine Vielzahl anderer Krankheiten draufhat) – die Streptokokken halt (wobei ich vermute, dass Menschen mit Hirnhautentzündung eher dazu tendieren zu sagen, sie hätten Hirnhautentzündung, als Streptokokken – denn sonst wären sie ja wieder auf einer Ebene mit den Rauhälsen). Nachdem wir nun stark ahnen, dass das Blödsinn ist und kaum hilfreich, stellt sich zwingend die Frage: Wem hilft diese vermeintliche Präzision?

Nun, zunächst vermutlich mal dem Arzt, denn der (und natürlich auch der Kunde, also der Patient) hat ein klares Feindbild. Der Arzt kann seine Standardantibiotika verschreiben, und Augenmaß ist nicht mehr vonnöten, nachdem der Feind auch bei einer nicht lebensbedrohenden Erkältung so klar bezeichnet ist. Wer auch noch was davon hat, sind natürlich diejenigen Patienten, die nicht normale Krankheiten haben wollen, sondern etwas Klingendes, etwas Beeindruckendes, aber auch etwas Bedrohliches und Fremdliches, z.B. so etwas wie – genau – Streptokokken.

So bleibt zu konstatieren, dass auf diese Weise natürlich weder die Therapien besser werden noch die Patienten schneller gesund oder besser behandelt werden, da de facto ungenauer gearbeitet wird als bei den so simpel bezeichneten traditionellen Krankheitsbildern. Aber darum geht es wohl auch nicht. Sondern es geht: um die Macht der Namen.

* Analog könnte man einen Freund nach einer durchzechten Nacht fragen was er getrunken habe und er eröffnet: Getränke. Oder jemand antwortet auf die Frage, was es zum Essen gegeben habe, verschiedene Nahrungsmittel.

** Bei solchen Krankheitsbildern steckt meist Streptococcus pyogenes dahinter, wenn man schon präzise sein will.

Hier noch ein Portrait einer Streptokokke, einfach  damit Sie sich alles noch besser vorstellen können:

Zeichnung einer Streptokokke - neues Synomym für Krankheiten

Galaxy Note 3 – Testnote oder Modell?

Man kennt ja Werbung mit Testurteilen. Am liebsten wird natürlich mit der Note 1 (= sehr gut) geworben. Verständlich. Umso kurioser, wenn man auf Werbung mit der Note 3 trifft, wie beim Galaxy Note 3. Es ist nicht schrecklich dramatisch, aber doch kurios: die Verbindung des englischen „Note“ mit dem Modell oder seiner Version, was im Deutschen Neues schafft:

Galaxy note 3 Name
Plakat von Vodafone mit dem Galaxy Note 3 von Samsung, © Werner Brandl

 

Herbstzeit, Pilzzeit: Die schönsten Pilznamen

In wenigen Bereichen gibt es so sprechende und aussagekräftige, gleichzeitig aber fast lyrisch klingende Namen wie im Reich der Pilze. Grund genug, einmal die (meiner Meinung nach) zehn schönsten, beeindruckendsten und farbenfrohesten herauszusuchen. Voilà:

  • Harziger Sägeblättling
  • Saitenstielieger Knoblauchschwindling
  • Scharfer Korkstacheling
  • Zinnoberroter Prachtbecherling
  • Bärtiger Ritterling
  • Behangener Faserling
  • Orangefuchsiger Rauhkopf
  • Gewimperter Erdstern
  • Geweihförmige Holzkeule
  • Himbeerrote Hundsrute
  • Fleckender Schmierling
  • Ockerbraunes Samthäubchen
  • Stinkende Lederkoralle
  • Kopfige Kernkeule
  • Knopfstieliger Rübling

Jetzt sagen Sie vielleicht, naja, mit Adjektiv ist das ja einfach. Aber geht das auch ohne Adjektiv? Natürlich, hier ein paar besondere Prachtexemplare:

  • Krönchenträuschling
  • Klapperschwamm
  • Juchtenellerling
  • Muschelkrempling
  • Mehlräsling
  • Elfenbeinschneckling
  • Glocken-Düngerling
  • Eierwulstling
  • Apfeltäubling
  • Anemonenbecherling

Wer mehr Zeit und Muße hat, kann die Pilze einfach nach der Vorstellung aufgrund der Namen malen. Sicher ein lohnendes Vorhaben. Hier noch ein wunderschönes Exemplar eines Baumpilzes, der leider noch nicht identifiziert ist:

Baumpilz im Herbst, weiß, namenlos
Baumpilz auf toter Kiefer an der Isar, © Werner Brandl

Was für ein Name für eine Filmproduktion!

Nach langer Zeit mal wieder was zum Thema Film. Ein Freund machte mich auf „Where’s the beer and when do we get paid?“ einen unterhaltsamen Dokumentarfilm (nein, das widerspricht sich nicht!) über und mit Jimmy Carl Black, den Schlagzeuger der Mothers of Invention aufmerksam. Besonders super ist natürlich, dass der Film zum Teil in meiner Heimat im Chiemgau gedreht worden ist.

Jimmy Carl Black Filmplakat

 

Warum er aber hier überhaupt auftaucht, hat einen anderen Grund. Den Namen der Produktionsfirma der beiden Macherinnen des Films: Böller und Brot. Ein Name, der bei mir sofort im Hirn, und gleichzeitig im Herz eingeschlagen hat. Trifft Deutsch doch intensiver als Englisch?

 

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