Durch die Umbenennung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 2015 in „Die Mannschaft“ ist die Erfolglosigkeit gekommen. Nach diesem Muster wird heute oft argumentiert: ein kausaler Zusammenhang wird hergestellt, wo keine Korrelation besteht, sondern einfach zwei Phänomene gleichzeitig auftreten. Kann man machen, ist aber trotzdem falsch.
Dennoch – die Frage nach der Umbenennung, ihrem Grund und ihren Folgen, ist interessant. Und liest man die oft recht ungehaltenen Anmerkungen in den Kommentarspalten, so ist das Bild klar. Die Umbenennung hat wenig Freude nach sich gezogen und wenig Freunde gefunden.
Der neue Name „Die Mannschaft“ folgte, als er 2015 eingeführt wurde, einem bis dann immer populärer, aber seither angenehm abschwellenden Trend: der reklamierten Monopolisierung. Die Idee dabei war: Man behauptet, man sei das Musterbeispiel, der tollste der Kategorie, die Versinnbildlichung des Begriffs. Das, woran du als Erstes denken solltest, wenn du an die Kategorie denkst. Das ist, um glaubwürdig zu sein, zumindest an eine gewisse Leistung gekoppelt. Minderwertigen Plunder zu verkaufen und dann draufzuschreiben „Die Schokolade“ – das wird wohl nicht glücken.
Jeder erinnert sich an „Das Auto“ von Volkswagen. Nach diesem Muster gab es für jeden Begriff einen Besetzer: Die Wurst. Der Käse. Das Papier. Der Bleistift. Der Lebkuchen. Sie können gerne selber weitermachen. Das wurde mit der Zeit langweilig. Wobei, spannend war es nicht mal anfangs. Bei vielen Produkten klappte das auch eher schlechter, denn es gibt ja z.B. doch noch einige mehr Anbieter von Autos. Wo es tatsächlich sehr gut passen würde, wäre Google – die Suchmaschine. Google macht das aber nicht, und als Fastmonopolist ist das sicher auch geschickter so.
Da die Konkurrenz anderer Mannschaften bzw. Nationalmannschaften zu der des DFB ja eher gering ist, fällt diese Motivation, monopolistisch herauszustechen, schon mal flach. Wofür also die Umbenennung, was war die Absicht des DFB? In der PM aus 2015 heißt es, dass man eine Analogie zu Italiens „Squadra Azzurra“ und Brasiliens „Selecao“ kreieren wollte. Die Erklärung von Manager Oliver Bierhoff, dass es keinen guten Begriff in Deutschland bereits gegeben hätte, wirkt etwas unrichtig, ebenso wie die postulierten enthaltenen Werte (Respekt, Spielstärke, Teamgeist …). Lustigerweise verrät die Herkunft des Namens mehr über die Zielsetzung als die Aussagen dazu. Der Begriff „Mannschaft“ wurde demnach z.B.in Frankreich oder im arabischen Raum schon verwendet. Es geht also einfach um globale Vermarktung, wobei ein Satz wie „… die Mehrheit der Menschheit übernimmt den deutschen Artikel, ob in den USA oder Großbritannien, das DFB-Team ist ‘Die Mannschaft’“ schon eigenartig wirkt. So viel zur Verwurzelung des ausgedrückten Markenkerns im Deutschen bzw. bei den Deutschen.
Die Vermutung liegt nah: Der DFB wollte die Mannschaft weg vom deutschen / nationalen / als öffentlich, im Allgemeinbesitz wahrgenommenen hin zu einem proprietären Produkt weiterentwickeln. Letztlich ist das sogar eine ehrliche Haltung, denn die Nationalmannschaft ist ein privater Verein. Dass Menschen (auch Politiker) in Deutschland glauben, er repräsentiere „uns“ im Kampf gegen andere private Vereine, also die anderen Nationalmannschaften (quasi als Stellvertreter für Staaten) ist kurios. Und wie Oliver Bierhoff ja selbst sagt, es ist ein Name für die Vermarktung in der Welt, da ist Deutschland nur ein sehr kleiner Randmarkt. Wobei man nicht vergessen darf, dass häufig die Fans von Nationalmannschaften eine persönliche Bindung haben und z.B. Einwohner des betreffenden Landes sind 😉
Letztlich entscheidend ist aber der Erfolg. Wer gewinnt, hat recht. Wenn die DFB-Elf nach der Umbenennung Erfolge gefeiert hätte, es hätte geholfen. Die Umbenennung wäre nicht so oft lächerlich gemacht worden. Womöglich wäre sie sogar positiv aufgeladen worden. Seit aber Spiele der Nationalmannschaft weniger dem Gewinnen als dem „Erkenntnisgewinn“ dienen und das Personal durchrotiert wird, so dass keine Bindung an die Zuschauer erfolgen kann, seither wird der Begriff genau mit dem Falschen verknüpft: mit Arroganz, mit Missmanagement, mit Distanz. Was wiederum zum selbstbewussten Auftreten des Begriffs passt. Selbst die Sportschau der ARD, die sicher kein Feind des DFB ist, spricht nur in Anführungszeichen von „der Mannschaft“, was aber logisch ist, denn sonst erkennt ja niemand, um welche spezifische Mannschaft es sich handelt. Im reinen Text helfen auch die sechs verschiedenen Wort-Bildmarken dem DFB nicht. Sie schützen nur Kombinationen mit Bildelementen in bestimmter Ausführung und nicht die Worte „Die Mannschaft“. Aber klar, im Französischen oder Arabischen sticht „Die Mannschaft“ leichter heraus.
Kurios ist die praktische Anwendung der Begriffe auf der Website des DFB. Die Männer sind „Die Mannschaft“, die Frauen sind nicht die Frauschaft, sondern sie sind das, was die Männer teilweise mal waren: „Frauen-Nationalmannschaft“. Lustigerweise sind aber die Spieler aus „Die Mannschaft“ nicht Mannschafter, sondern Nationalspieler.
Es gibt einen Fanshop, der ist für „Die Mannschaft“. Es gibt einen „Fan Club Nationalmannschaft“ – das ist der Fanclub der Frauenmannschaft. Es gibt aber auf der Portfoliowebsite des DFB keinen Fanclub der „Die Mannschaft“.
Zum Abschluss kurz der Blick in die Nachbarschaft: In Österreich heißt die Fußball-Nationalmannschaft auch Nationalteam. Die Differenzierung der Frauenmannschaft erfolgt einfach über das Präfix „Frauen-“. Die Männer müssen ohne auskommen.
In der Schweiz spricht man traditionell von der „Nati“, laut Verband heißt die Mannschaft aber „A-Team Männer“. Entsprechend gibt es dazu immerhin ein „A-Team Frauen“.
Und noch ein Blick weiter weg: In den USA würde man sich den klaren Bezug zur Nation nie im Leben nehmen. Dort sind vier Begriffe gebräuchlich: United States Men’s National Soccer Team, USMNT, The Stars and Stripes, The Yanks.
PS: Man sollte nicht verschweigen, auch wenn Oliver Bierhoff 2015 die populärsten nicht erwähnt hat, dass es im Volksmund einige weitere Begriffe für die Elite der deutschen Fußballer gibt: Nationalelf, DFB-Elf, DFB-Team …
In der Zeitung am 7.2.2022 positioniert sich Donata Hopfen, Chefin der DFL, klar gegen „Die Mannschaft“ und pro „Nationalmannschaft“.