Das Beispiel Thomas Müller – Namen und Marketing

Eigenbezeichnungen sind die perfekte Möglichkeit, das Bild, das andere von einem haben, zu lenken, also im positiven Sinne zu manipulieren. Wer ein Produkt auf den Markt bringt, der muss sich entsprechend überlegen, als was es bezeichnet werden soll, völlig unabhängig von irgendwelchen Marken- oder Herstellernamen. Und auch unabhängig davon, ob man es schafft dies durchzusetzen – denn manchmal macht der Markt nicht mit.

Beispiele für Produktbeschreibungen bzw. Eigenbezeichnungen

Ein Beispiel: Eine neue Wurst mit Reiskomponenten, die sehr typisch wurstig schmeckt, aber fast kein Fett enthält. Wie heißt so etwas? Natürlich nicht Reiswurst, sondern eher Leichtwurst, Fettreduzierte Wurst oder vielLeicht aktiv.

Duplo ist kein Riegel, kein Snack, sondern die wahrscheinlich längste Praline der Welt. Selbst wenn nicht alle Duploesser das so ausdrücken würden, die Wahrnehmung in dieser Richtung ist sicher vorhanden. Analog, aber andersrum läuft es beim Neuburger, einer Art sehr feinem Leberkäse aus Österreich. Hier wird dem Verbraucher klar gesagt, was nicht zu sagen ist, denn der Slogan dazu ist „Sagen Sie niemals Leberkäse zu ihm“.

Analog funktioniert so etwas für Personen, denn sie sind ja auch Produkte, werden vermarktet und erwirtschaften Erlöse. Man denke nur an Prominente wie Schauspieler, Sängerinnen oder Fußballer. Idealerweise steht eine Person für etwas, für eine besondere Fähigkeit oder besondere Eigenschaften. Steht jemand für die Darstellung von Dödeln, so wie „Danger“ Max von der Gröben, wird es schwierig mit den Rollen als fürsorglicher Kindergärtner (wobei er das ziemlich gut hingekriegt hat, Respekt vor den neuesten Rollen!). Aber Sie verstehen das Prinzip. Schauen wir uns das nun mal bei den Fußballern genauer an.

Die Spitznamen der Fußballer

Viele große Fußballer hatten Spitznamen, hier ein paar Beispiele:

  • Gerd Müller, der Bomber
  • Oliver Kahn, der Titan
  • Horst Hrubesch, das Kopfballungeheuer
  • Dieter Eilts, der Eisen-Dieter
  • Berti Vogts, der Terrier

Eine nette Aufstellung von vielen Fußballer-Spitznamen finden Sie hier beim NDR. Gemeinsam ist praktisch allen diesen Namen, und auch dem Spitznamen an sich, dass er von jemand anderem vergeben wurde als dem Träger. So kommen wir zum Kern. Wer fußballinteressiert ist, weiß sofort, von wem die Rede ist: von Thomas Müller, dem

Raumdeuter Thomas Mueller

Warum der Name „Raumdeuter“ so gut ist

Besonders spannend ist, dass dieser Name eben nicht von Journalisten, einem Trainer oder einem Kumpel vergeben wurde, sondern vom Träger selbst. Letztlich also eine Eigenbezeichnung, mit der Thomas Müller die Wahrnehmung seiner Person, und insbesondere seine Positionierung innerhalb der Mannschaft (und Position auf dem Spielfeld) sehr früh festgezurrt hat. Sollte dies einfach intuitiv passiert sein – Chapeau! Sollte es überlegt konstruiert und ausgeführt worden sein (zum Beispiel seiner Agentur), ebenso Chapeau!

Natürlich muss jeder Mittelfeldspieler und jeder Stürmer Räume interpretieren und kann das in unterschiedlichem Maß auch – das ist Teil der Jobbeschreibung. Da Thomas Müller zwar ein geschickter Torjäger ist, aber nicht an Titane wie Harry Kane oder Gerd Müller herankommt, war diese Positionierung schon vergeben. Ein extremer Mittelfeldstratege wie Toni Kroos ist er auch nicht. Er ist eben dazwischen. Da kam der herausragende Begriff, und im Kontext des Fußballs Neologismus, Raumdeuter ins Spiel. Ein deutsches Kompositum wie aus dem Lehrbuch, eine neue Einheit (die eben nicht getrennt geschrieben wird) mit einer besonderen Bedeutung. Einfach perfekt.

Und keine Angst, im nichtdeutschsprachigen Ausland kommt das nicht schlecht an. Letztlich unterstützt der Begriff die Besonderheit von Thomas Müller, er wird immer wieder erwähnt und als Erklärung verwendet für die Spielweise und Rolle von Thomas Müller auf dem Platz. Was soll man sagen – der Raumdeuter ist definitiv eigenständiger und besonderer als jeder Space Creator oder was man sonst noch so machen könnte.

PS: Der Begriff diffundiert mittlerweile auch in andere Felder wie Wirtschaftstexte, wenn in der SZ der Stanley-Chef Reilly als Raumdeuter bezeichnet wird.

PPS: In der Architektur ist der Begriff natürlich – mit etwas anderer Ausrichtung – schon länger präsent.

PPPS: Zwei Beispiele für Eigenbezeichnungen in der Produkt- bzw. Servicewelt sind die WebEngineers von3m5. und Extraguard von Gore-Tex.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert