Femizid – kryptisch oder / und drastisch?

Viel war es die letzten Wochen und Monate in der Presse, und es ist leider immer gleich aktuell, immer gleich schlimm: Das Töten von Frauen, bevorzugt durch Ihre Partner oder Ehemänner. Über die Grausamkeit, Dummheit und Verwerflichkeit dieser Taten möchte ich gar nicht schreiben, aber über das Sprechen darüber. Denn das Sprechen vermittelt die Haltung dahinter – und es beeinflusst unsere Gefühle dazu.

Deshalb die Frage: Warum spricht man in arrivierten Medien von Femizid? Warum ist da nicht von Ehefrautötung, Frauenmord, Frauenermordung etc. die Rede? In ähnlicher Weise hat der opake Genozid den deutlich konkreteren Völkermord abgelöst. Beim Femizid haben wir aber als zusätzliche Last die Nähe zum Pestizid und zum Fungizid. Oder welche Begriffe auf -zid fallen Ihnen als erstes ein? Begriffe, die nicht verwerflich sind, aber eine innere Distanz fördern.

Die juristisch Spitzfindigen werden sagen, ja klar, kann nicht von Mord die Rede sein, vielleicht war es nur Totschlag. Es ist ja nicht gesagt, dass es verwerfliche Beweggründe gab, dass die Tötung verwerflich begangen wurde oder dass der Zweck verwerflich war. Diese Varianten sind leider extrem unwahrscheinlich, aber so kann man argumentieren, mit der teilweisen juristischen Unkorrektheit der Bezeichnung.

Femizid ist kein Begriff aus dem deutschen Gesetz, hier wird keiner wegen Femizids verurteilt. Man wird ganz profan wegen Mordes oder Totschlags verurteilt. Der Begriff ist also juristisch viel vager, da er eigentlich nur aussagt, dass eine Frau getötet wird. Dass alle Menschen in Deutschland allerdings genau verstehen, dass es sich bei Femizid um das Töten einer Frau handelt, und nicht um irgendeine raffinierte Innovation, etwas mit dem Pestizid Verwandtes oder auch so Weltfernes wie einen Genozid – das darf bezweifelt werden.

Interessanterweise gibt es im Englischen ja neben dem „homicide“ auch „murder“. Eigentlich die Analogie zum deutschen Totschlag und Mord. Das heißt, für die Tötung von Frauen wird ein Begriff entlehnt, der auf Totschlag basiert. Das ist aber, wie schon angesprochen, eher die unwahrscheinlichere Variante, denn die meisten Frauen werden von ihren Männern erschossen, erstochen, vergraben, verbrannt oder sonstwie getötet in verwerflicher Herangehensweise.

Ich bin ja ein Freund verständlicher Worte, wenn man etwas inhaltlich vermitteln will. Für mich ist Frauenmord passender. Auch könnte man von Partnermord sprechen, dann ist nämlich klar, dass es hier um Taten zwischen Menschen geht, die in einer Beziehung zueinander stehen. Und ja, da sind auch Ex-Partner dabei.

Solche Begriffe sind klarer, eindringlicher, plastischer, letztlich wirkmächtiger im Kopf. Bei mir erzeugt die Frauentötung oder ein Frauenmord viel eindrücklichere Bilder als der abgehobene Femizid, das fast wie ein Upper Class Phänomen daherkommt und sowohl zur Durchführung wie zum Erfassen das Latinum benötigt.

Deshalb mein Plädoyer: Nennt es so, dass es die Leute verstehen, auch wenn es nicht schön, auch wenn es nicht umschrieben ist. Denn darum geht es doch eigentlich, oder? Man braucht für Verbrechen keine neuen, keine beschönigenden und keine verschleiernden Namen, wenn sie nicht etwas Bedeutendes, Zusätzliches leisten.

Hier noch mal im Überblick, probieren Sie es aus, was berührt Sie?

Femizid

Frauenmord

Partnermord

 

PS: Noch ein Wort zu den in manchen Medien immer noch gebräuchlichen Begriffen „Familiendrama“, „Beziehungsdrama“ und „Beziehungstat“. Diese sind leicht verständlich, was prima ist. Nicht so prima ist hingegen ihr Verschleiern, dass es um die Tötung von Frauen durch Männer geht. Deutsch allein ist also auch nicht einfach die Lösung.

PPS: Dass Feminizid linguistisch korrekter wäre, mag sein, an der Grundproblematik ändert das aber nix und ist somit eine klassisch akademische Streitfrage.

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