Markenfleisch und Fleischmarke. Könnte da was gehen?

Was ist gutes Fleisch? Ja, ein Kenner mag über das Aussehen schon erkennen, ob das Fleisch einer Kuh oder eines Schweins gut oder minderwertig ist. Die Gabe besitzen aber nicht alle Konsumenten. Deshalb orientieren Sie sich an anderen Kriterien wie dem Preis oder dem Verkäufer (wirklich, ich erkläre es noch). Bei einem Wagyu für 120 Euro das Kilo geht der Käufer von einer sehr guten Fleischqualität aus. Bei einem Schweineschnitzel für 3,90 Euro das Kilo geht der Käufer von einem billigen Schweineschnitzel aus. So weit, so logisch. Doch wie gesagt, auch der Verkäufer bzw. Verkaufsort beeinflusst die Wertwahrnehmung. Das Fleisch aus der lokalen Metzgerei ist doch besser als das Fleisch vom Edeka, oder? Möglich. Oder auch nicht. Denn beide können ihr Fleisch vom selben Großhändler im Schlachthof beziehen. Das Fleisch ist dann gleich, nur unterschiedlich im Preis und seiner gefühlten Wertigkeit. Warum kauft der Fleischesser dann nicht einfach Fleisch einer Marke, die für eine Qualitätsstufe steht? Ganz so, wie das bei Schokolade, Wein oder Honigsaucen der Fall ist? Leider ist es nicht so einfach.

Es gibt durchaus einige Fleischmarken in Deutschland. Vor allem die lustigen Discountermarken, gern mit einem „Gut“ vorne dran. Letzteres steht natürlich nicht für die Qualität, sondern für die Sehnsucht nach einem halbfeudalen, idyllischen Aufzuchtsort. Der natürlich von der industriellen Herkunft aus dem Plattenbau – der Aufbewahrung bis zur Schlachtreife – konterkariert wird. Letztlich wird hier billig über den Namen etwas aufgehübscht.

Dann gibt es Marken wie Otto Gourmet oder Rungis. Da steht die Lieferantenmarke für die Qualität der ausgelieferten Einzelprodukte, egal ob hoch verarbeitet oder roh.

Am auffälligsten am Produkt selbst sind Qualitätsmarken, nämlich die Biosiegel. Das der EU steht für eine sehr überschaubar bessere Haltung und etwas verantwortungsvollere Fütterung als konventionell. Die Siegel der „Grassroots-Verbände“ wie Naturland, Bioland oder Demeter gehen weiter. Sie stehen für tatsächlich andere Lebensweisen der Tiere. Was selbst sie nicht garantieren: Faktoren wie kurzer Transport, die Art der Schlachtung, lange Lagerung des Rindfleischs. Also insgesamt ist erstaunlich wenig Meat Branding 😉

Doch wieso gibt es so wenig Versuche, Marken für gutes Fleisch in Deutschland zu etablieren? So wie Label Rouge in Frankreich oder auch bloße Rassebezeichnungen wie Angus und Wagyu? Wieso wird dieser Weg nicht gegangen, um höherwertiges Fleisch zu verkaufen, Kunden zu binden und gleichzeitig ein besseres Auskommen für die Erzeuger bei besserer Haltung der Tiere zu ermöglichen? Es ist mir schleierhaft. Von einem Versuch möchte ich nun berichten. Es ist die Marke Alpenrind Salzburg, die (vermutlich nur im Süden Deutschlands) beim V-Markt eingeführt wird. Im doppelten Sinne des Wortes. Das Logo mit der Kuh ist angenehm grün, fast bio in der Erscheinung. Alles deutet darauf hin, das könnte etwas Gutes sein:

Alpenrind Angebot beim V-Markt München
Aus dem Prospekt des V-Markts München vom 08.10.2020 – 14.10.2020

Schaut man auf die Website von Alpenrind, so macht sich Ernüchterung breit. Letztlich ist Alpenrind einfach ein sehr großer Verarbeiter und Vermarkter für Rindfleisch, der zum US-amerikanischen Lebensmittelgiganten OSI (ähnlich groß wie Tönnies in Deutschland) gehört. Schaut man nach den Qualitätskriterien des Rindfleisches, so stellt man fest, dass diese sich im Bereich des Üblichen bewegen, also ganz normales, gesetzeskonformes Rindfleisch. Wer also Alpenrind in München kauft, der kauft einfach ein Rindfleisch, das teils in Österreich, teils in Oberbayern erzeugt worden ist. Nicht mehr, nicht weniger, aber ein Markenfleisch. Klar ist allerdings: Der Name ist der Knaller. Dieser Name mit seiner positiven, natürlichen Aufladung und seiner sympathischen Erscheinung hat sich sicher schon vielfach bezahlt gemacht.

Rinder-Rouladen von Alpenrind, Salzburg
Aus dem Prospekt des V-Markts München vom 08.10.2020 – 14.10.2020

So bleibt als Fazit: In diesem Markt MUSS Raum für gute Marken sein. Marken, die inhaltlich mehr vermitteln als bloßes Bio, und natürlich auch mehr als Alpenrind, wobei hier rein vom Namen gut vorgelegt wurde. Mögen noch Marken folgen, die tatsächlich für Fortschritte in Haltung und Qualität stehen. Schauen wir mal, ob sich was tut.

 

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