Neuer Filmtitel „Portraits Deutscher Alkoholiker“

Endlich auch in München zu sehen: Der herausragende Film zu Alkoholismus als Alltagsphänomen in der Mitte der Gesellschaft läuft diese Woche, und er war noch faszinierender und eindringlicher als in den Kritiken beschrieben. Aber uns geht es natürlich um den Filmtitel. Diesen zu finden war eine reife Leistung.

Der Filmtitel „Portraits Deutscher Alkoholiker“ packte mich schon beim ersten Lesen. Warum? Was macht diesen Titel interessant? Was vermittelt der Titel überhaupt? Ein paar Reflexionen oder auch nur Assoziationen dazu, natürlich ganz subjektiv, wie es sich für das Blog gehört: Es schwingt in diesem Titel eine Qualität, eine Schicht mit. Werden hier abgerissene Obdachlose am Rande des Todes portraitiert, nein, nicht. Alles geht gediegener zu. Solide Mitte, Bildungsbürgertum, solide Menschen. Erinnerungen an eine Anthologie von Klassikern kommen auf.

Gleichzeitig klingt auch ein gewaltiger Verallgemeinerungsanspruch an im Sinne von „wenn man das gesehen hat, dann hat man ein wirklich gutes Bild bekommen“. So ähnlich wie eine Anthologie. Natürlich ein Anspruch oder auch nur Anklang, der nie im Leben einlösbar sein könnte. Aber egal.

Und dann hat dieser Filmtitel natürlich eine Brachialität, Ehrlichkeit und Klarheit, die ihresgleichen sucht. Es geht hier um Alkoholiker. Nicht um Lebensbewältiger oder Lebensnichtbewältiger, nicht um Kranke oder Gesunde, nicht um Süchtige, es geht einfach und ganz klar nur um eine riesige Gruppe von Menschen in Deutschland, die wegen und trotz ihrer Sucht funktionieren. Es geht völlig unzweifelhaft nur um Alkoholiker.

Wer Gelegenheit hat, sollte sich den Film anschauen. Erzählungen aus dem Off, vom Funktionieren und Bemühen, und vom Scheitern, und dazu die Bilder des ordentlichen Lebens aus Deutschland, wo alles funktioniert. Danke!

Einfach nur schön: LUCIFAFEST 2011

Nur ganz fix, weil es so lustig ist: Im „Frohe Weihnachten“ Prospekt von Karstadt wird auf der ersten Seite eine Weihnachtsglocke von Hutschenreuther angeboten, deren Name eine wundervolle, geheime Dichotomie widerspiegelt:

Die Porzellan-Weihnachtsglocke 2011 LUCIFAFEST.

Und weil es so schön ist, hier gleich noch mal: LUCIFAFEST.

Ich genieße es: LUCIFAFEST.

Ich wünsche allen Namensexperten und -interessierten schon mal eine wundervolle Vorweihnachtszeit …

 

Neue Food Brand: 5 GUM Turbulence endlich hier erhältlich

Ein Naming-Projekt von mir, das schon ein wenig zurückliegt, aber nun erfreulicherweise wieder aktuell geworden ist: Die Food Brand Wrigley 5 GUM Turbulence. Endlich ist dieser Kaugummi auch in Deutschland erhältlich!

5 gum Packshot Turbulence - Wassermelone Sorte

2009 wurde die Geschmacksvariante Wassermelone als Erweiterung der 5 GUM Range in vielen europäischen Ländern eingeführt, darunter Spanien und Tschechien, aber eben nicht in Deutschland. Aufgrund nutriciokultureller Idiosynkrasien lag der Fokus damals auf süd- und osteuropäischen Ländern. Mehr zum ursprünglichen Namensfindungsprojekt finden Sie in der Meldung zum Launch des neuen Markennamens auf den Seiten der Namensagentur.

Umso erfreulicher ist es, dass die erfrischende und intensiv fruchtige Sorte ab der zweiten Jahreshälfte 2011 auch in Deutschland erworben werden kann. Damit sind nun folgende Varianten von 5 GUM auf dem Markt:

Electro
Pulse
Cobalt
Flood
Instinct
Evolution
Turbulence

5 GUM Sortiment, alle Mitglieder der Range, alle Varianten

Wie alle Namen der Range sind auch Turbulence und Flood existierende englische Substantive, die in den meisten europäischen Ländern verständlich bzw. erschließbar sind. Sie sind vielschichtig und spannend, und haben eine rätselhafte Komponente.

Wer gerne noch mehr zu Flood erfahren möchte, der Variante, die 2010 in Deutschland auf den Markt kam, und deren Name auch von uns stammt – näheres dazu finden Sie auf der Website der Naming-Agentur.

Und weil es so schön ist, hier noch ein Bild vom 5 GUM Turbulence Tray:

5 GUM Turbulence Tray, Wassermelone / Watermelon

Vielen Dank an Wrigley für das Bildmaterial!

Hier geht’s übrigens zur Website von 5 GUM bei Wrigley, wo man unter anderem die aktuellen Werbespots anschauen und die Aktion Walls Alive kennenlernen kann.

 

Lieber extravagant als irrelevant – Kooperation Nomos – Roeckl

Nomos & Roeckl bleiben bei den ungewöhnlichen Pflanzennamen. Schon vor einigen Jahren hat Nomos ein unglaubliches Namenssystem für Sondermodelle der Damenarmbanduhr „Tetra“ gemacht. Die 16 tuchmatten Farben der Zifferblätter waren an das Aussehen von kleinen, wilden Blütenpflanzen angelehnt. So kam es zu wunderschönen deutschen Modellbezeichnungen (Chapeau den Namenserfindern!). Eine kleine Auswahl davon:

Jelängerjelieber, Tausendschön, Maßliebchen,
Hasenohr, Sumpfkratzdistel, Bärenfuß,
Flohkraut, Knabenkraut etc.

Im Sommer wurde diese Tradition wiederbelebt, und jetzt ist schon Herbst, aber thematisch passt es hier sehr gut. In einer Kooperation mit dem Münchener Handschuhhersteller Roeckl wurden Sets von Uhr und Handschuh entwickelt, die wieder sehr bemerkenswerte Namen tragen. Nomos formuliert es so: „Mit der Serie Tetra + Uhren in den Farben von Pilzen und Beeren, und Handschuhen in den gleichen Tönen verbeugen sie sich ein wenig vor der Manufakturkunst des anderen – und küssen ihren gemeinsamen Kundinnen rechts und links die Hand.“ Allerdings auch dieses Mal nur für Damen – warum eigentlich nicht auch für Herren?

Nomos Tetra Uhren und Handschuhe mit ungewöhnlichen Namen
Auswahl der Nomos Tetra Uhren und Handschuhe, © Nomos

So heißen die vier neuen Sondermodelle Burgundertrüffel, Erzgebirgsperle, Mäusedorn und Blasser Zonenmilchling. Produktnamen, die auffallen, erstaunen, berühren, Bilder wachrufen, und in Erinnerung bleiben.

Die Erklärung von Nomos hierzu:
„Diese vier Uhren der neuen Serie Tetra + gibt es samt Roeckl-Handschuhen zum Preis von 1.200 respektive 1.340 Euro im September im ausgesuchten Uhrenfachhandel. Woher der Unterschied kommt? Modell Burgundertrüffel und Modell Mäusedorn besitzen noch ein kleines Extra: Sie zeigen die hochfeinen Manufakturkaliber, die in ihnen ticken – durch einen Saphirglasboden. Blasser Zonenmilchling und Erzgebirgsperle hingegen kommen etwas schüchterner daher, mit Stahlboden. Wunderschön sind sie alle vier.“ Wer mehr wissen möchte – hier geht’s zu Nomos, und hier zu Roeckl.

Uhr von Nomos und Handschuh von Röckl in Anwendungssituation
Uhr und Handschuh in Anwendungssituation, © Nomos

 

Die Uhrenmarke UHR – wo ist die Marke?

Wie so häufig, merkt man auch bei Markennamen am deutlichsten, wie wichtig sie sind, wenn sie fehlen.
In den letzten Jahren sind Myriaden neuer Uhrenmarken auf den Markt gekommen. Ein kleiner Teil aus der Schweiz, der Großteil aber Private Label auf Uhren großteils chinesischer Provenienz. Besonders beliebt (und einfach umsetzbar) sind natürlich „Markennamen“, basierend auf Nachnamen oder französisch bzw. schweizerisch klingenden Kombinationen aus Vor- und Nachnamen. Um Linhoff, Constantin Durmont, Graf von Monte Wehro oder wie auch immer kümmern wir uns jetzt aber nicht. Das sind halt klassische Me Toos, die meist keinen tatsächlichen Markenaufbau leisten können.
Interessant wird die Sache bei folgender neuer „Uhrmarke“: UHR.

Uhr - Schwäbische, günstige mechanische Uhren. Schriftzug
UHR – schlichter Name für durchaus ansprechende Uhren

Ja, da schaut man erst mal, wenn man das auf einem Zifferblatt erblickt. Irritierend. Als würde auf einem Lautsprecher „Lautsprecher“ stehen, als würde auf dem Handy nicht „Nokia“, sondern „Handy“ stehen, oder am Tischbein „Tisch“.

Klassischer automatischer Chrongraph von UHR
Klassischer automatischer Chronograph von UHR

Wenn man auf die Website des Unternehmens unter www.uhr.info schaut, wird klar, dass der Name durchaus mit dem Marketingkonzept korreliert: günstige Uhren, kein unnötiger Schnickschnack, dennoch hochwertige Ausführung, kostengünstiger Direktvertrieb. Alles eher frugal. Sogar am Namen wurde gespart. Nur mit der Einzigartigkeit des Namens hapert es natürlich. Was auch daran ablesbar ist, dass der Name „UHR“ wohl nicht als Marke für Uhren beim Markenamt eingetragen werden kann.

Doch auch die Kommunikation und das Marketing werden durch diesen Namen nicht unbedingt einfacher. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. Wer sich über Uhren informiert, schaut in die vielen Uhrenforen, die es im Internet gibt. Und hier zeigt sich eine kuriose Schwachstelle dieses (so simpel und nüchtern fokussierten) Namens. Wonach soll man suchen? Erfahrungen mit UHR Uhren? Qualität UHR Uhren? Probieren Sie es aus. Die Ergebnisse sind niederschmetternd. Die Großschreibung des UHR in einer Suchmaschine wie Google ist nicht hilfreich, da Google gar nicht oder nur ein ganz klein wenig zwischen Groß- und Kleinschreibung differenziert. So werden dann eben Myriaden von unpassenden Treffern, wo „Uhr“ vorkommt, generiert. Die anderen Suchmaschinen funktionieren ähnlich.

Eine Erklärung für die Namenswahl könnte sein, dass es sich hier im Prinzip um einen Lieferanten von Private Label Uhren handelt, und nur für den „Fabrikverkauf“ das „UHR“ geschaffen wurde und auf die Zifferblätter gedruckt wird. Dem widerspricht aber, dass nirgends von Private Label die Rede ist.
Natürlich bewegen wir uns hier im spekulativen Bereich, wie immer sehr subjektiv zudem. Entscheidend ist in der Kommunikation allerdings immer, was beim Empfänger ankommt, denn alles andere ist, wenn man mal ganz hartherzig (oder eher ehrlich) ist, irrelevant.
Übrigens sind die Uhren sehr klassisch, wirken hochwertig verarbeitet, und zeichnen sich tatsächlich durch ein woanders kaum auffindbares Preis-Leistungs-Verhältnis aus …
Hier noch ein klassischer Chrono:

Sportlicher Automatic Chrono von UHR
Sportlicher Automatic Chrono von UHR

Vielen Dank an UHR für das Überlassen der Bilder!!!

 

 

Mattoni Wasser: Geschicktes Branding, erstaunliche Auflösung

Der Beitrag über den deutschen Unternehmensnamen eines indischen Unternehmens schreit ja fast nach einer weiteren Behandlung des Themas. Wir wollen deshalb heute den Blick nach Osten richten, zu unseren Nachbarn in Tschechien. Dort stechen einem sofort viele ungewohnte Marken ins Auge (auch die Hautcreme Astrid) und für den an Produktnamen oder Produktmarken Interessierten gibt es einiges zu entdecken.

Da gibt es Kreationen wie Birell für ein alkoholfreies Bier oder Steinner für Satellitenreceiver. Man ahnt Branding. Und dann trifft man auf ein Mineralwasser, das Mattoni heißt und in der Anmutung an bekannte italienische Wässer erinnert (vor allem in der klassischen Flasche, nicht so sehr in den Geschmacksvarianten in den wild geschwungenen PET Flaschen). Da fragt man sich dann, war hier ein Marketingkonzept inklusive spezieller Naminganforderungen die Grundlage? Woher kommt dieser Name, der doch reichlich untschechisch klingt (wobei man nicht vergessen darf, dass in Tschechien bis nach dem Krieg vieles nicht tschechisch, sondern deutsch klang).

Die Auflösung ist so einfach wie interessant. Warum Mattoni? Der Name geht tatsächlich auf Heinrich Edler von Mattoni zurück – geboren 1830, gestorben 1910. Er gab diesem Mineralwasser aus Karlsbad / Karlovy Vary seinen Namen. Und noch heute ist die Marke aktiv und erfolgreich. Der Adler im Logo geht übrigens auf das Familienwappen der Mattonis zurück.

Wer mehr erfahren möchte, findet auf der Seite in der Wikipedia einiges, und natürlich auch auf der Unternehmenswebsite.

 

Tücken der Namensfindung: Ein Bagger ist ein … ein Rasenmäher?

Eine unendliche Ressource für Highlights der Namensfindung: kostenlose Zeitungsbeileger, Prospekte für dies und das. Letzte Woche war einer von Toro dabei, einer Marke, der ich zugetan bin, da der Rasenmäher meines Großvaters, wohl nun schon knapp 50 Jahre alt, immer noch tapfer seinen Dienst versieht. Zwar etwas laut, dafür aber extrem zuverlässig und effektiv.

In dem Prospekt, betitelt „Handgeführte Rasenmäher, Rider und Handgeräte“, der von der Toro Europe in Belgien herausgegeben ist, werden verschiedene Typen von handgeführten Rasenmähern vorgestellt. Wir verwenden hier der Einfachheit halber eine symbolische Darstellung, wie so ein Gerät traditionell aussieht (der hier ist übrigens von Zündapp, wer hätte das gedacht?):

Rasenmäher Zündapp MM 50
Rasenmäher Zündapp MM 50, © Wikipedia

Zurück zur Produktaufstellung bzw. den Produktkategorien im Prospekt: Es beginnt mit „Elektrisch“, ein Laubbläser ist abgebildet. Dann kommt das „Stahlmähdeck“ – dazu später noch mehr. Aber dann: großer Auftritt des:

Super Bagger

Kinder verstehen darunter eine große Grabmaschine, und auch nicht wenige Große werden so etwas darunter verstehen. Ausgehend von der Muttersprache vieler Deutscher ist das ja auch richtig. Warum also wird hier ein Rasenmäher als Bagger bezeichnet? Er sieht ja nicht so aus. Die Gründe für diesen Produktnamen sind schwer zu finden, aber mögliche wären sicher: Gedankenlosigkeit, Marketingwagemut, globale einheitliche Bezeichnungen und natürlich auch ein legerer Umgang mit der deutschen Sprache. Namensfindung einfach gemacht.

Jetzt könnte es natürlich der Fall sein, dass es keinen 1:1 eingeführten deutschen Begriff für einen englischen „Bagger“ gibt, also so etwas wie einen Einsacker oder Sammler. Zumindest ein so eleganter deutscher Begriff wie „Stahlmähdeck“ sollte sich aber auch hier finden lassen. Bei diesem Modell kauft man übrigens auch nicht ein Stahlmähdeck (wer wusste, dass er so etwas braucht, und dass es so etwas überhaupt gibt?), sondern einen Rasenmäher mit …. Genau. Die dann noch folgenden Kategorien „Super Recycler“ und „Profi-Recycler“ passen sicher noch am besten in ein System von Gerätekategorien. So sind die Tücken der Namensfindung.

Fazit: Einen englischen Begriff in einem deutschen Kontext zu verwenden, der übersetzt eine völlig andere Bedeutung aufweist als das deutsche Homonym (öha!), das verlangt schon eine gute Begründung. Auf jeden Fall ist es eine verschenkte Gelegenheit zum Erklären, zum Verstandenwerden, und letztlich zum Verkaufen.

 

Namensfindung Versicherung: Neu, selbst erklärend und attraktiv

Vor gut einem Jahr kam ein Kunde auf mich zu, der einen Namen für ein neues Finanzprodukt suchte. Den Kunden kannte ich gut, die Versicherungskammer Bayern. Das Produkt nicht, es war ja auch eine Innovation. Wesen und Nutzen waren allerdings klar. Die Basis für die Namensfindung gelegt.

Ein gutes Jahr später ist die neue Kapitalversicherung, die besonders für das steueroptimierte Vererben größerer Beträge geeignet ist, auf dem Markt. Unter dem Produktnamen „GenerationenDepot“. Muss man nicht viel erklären, oder? Die Namensfindung war nicht einfach gewesen, denn der Name sollte ja nicht nur attraktiv und selbst erklärend sein. Die Domains sollten auch frei sein. Voilà.

Neuer Produktname: Namensfindung für Versicherung
Vielen Dank für das Bildmaterial an die VKB!

Hier geht’s zum Produkt bei der Versicherungskammer.

 

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