Das Tempolimit – die Lösung ist so einfach

Das Tempolimit, die arme Sau. Unsere Zeit hat viele ungeliebte Begriffe: Wärmepumpe, Energieeffizienz, Klimakleber, CO2, Klimaerwärmung. Der mit den wenigsten Freunden (oder zumindest denen, die am lautesten schreien) ist aber definitiv das Tempolimit. Und das zu Recht.

Kurz zu den Fakten: Eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf deutschen Autobahnen auf 100 km/h hätte folgende Auswirkungen:

  • Längere Reisezeiten, was aber nach Größenvergleich USA-D tragbar erscheint
  • Weniger Unfälle
  • Ca. 30% weniger Spritverbrauch und analog auch CO2-Ausstoß
  • Niedrigere Spritkosten, wiederum ca. 30% für die Autofahrer
  • Entspannteres und stressfreies Reisen
  • Gravierendste Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit

Mehr dazu findet man hier. Fun Fact: Führen alle nur noch Tempo 100 auf der Autobahn, hätte das den Effekt enorm vieler ausgetauschter Heizungen. Aber natürlich um den Preis des volkswirtschaftlichen Suizids: keine neuen Autos, keine neuen Heizungen, kein Verschrotten, weniger Benzin. Die Leute hätten auch noch einfach mehr Geld. Manche aber auch keine Arbeit mehr. Geht so nicht. Neben diesem wirklich guten Grund gibt es noch ein anderes Hemmnis an der Sache: Nein, nicht die FDP, nicht der ADAC, es ist unsere Sprache.

Die Höchstgeschwindigkeit

Die früher gebräuchliche „Höchstgeschwindigkeit“, die bei Orts- und Bundesstraßen offiziell und praktisch immer noch Anwendung findet, suggerierte ja, dass man alle Geschwindigkeiten fahren kann bis zu dieser. Und weiter eben nicht, denn – das ist ja die höchstmögliche. Die anderen existieren für den Fahrer eigentlich gar nicht. Bildlich kann man sich das so vorstellen, hier der Denkhorizont der Höchstgeschwindigkeit:

Höchstgeschwindigkeit als Darstellung auf einem Tacho
© Helmut Wallach

Im grünen Bereich ist alles prima, alles erlaubt. Nur über die 120 darf man halt nicht raus. Das ist der Rahmen.

Über die Jahre wurde die Höchstgeschwindigkeit, die es für die Autobahn ja nicht gibt (sondern nur die eher eigenartige Richtgeschwindigkeit) in der öffentlichen Diskussion vom „Tempolimit“ abgelöst. Wer hat das eigentlich erfunden? Ich vermute, jemand mit bestimmter Absicht. Denn Tempolimit sagt etwas völlig anderes.

Das Tempolimit

Tempolimit sagt, dass es eine Menge verschiedener Geschwindigkeiten gibt, und wenn man da eine Begrenzung einführt, dann kann man all die anderen, die darüber hinausgehen, nicht mehr erreichen. Möchte man aber. Während man beim ersten Begriff also prima fährt, bis zur Höchstgeschwindigkeit eben, kann man bei der zweiten Variante nicht glücklich werden, weil ja diese Einschränkung besteht. Hier der Fühlhorizont des Tempolimits, schlimmer roter Bereich:

Gefühlshorizont des Tempolimits illustriert mit einem Tacho
© Helmut Wallach

Der Fokus liegt beim ersten Tacho auf dem, was erreicht werden kann, beim Zweiten auf dem, was nicht (mehr) erreicht werden kann. Zusätzlich suggeriert „Tempo“ eine höhere Geschwindigkeit, eine gewisse Eile und auch etwas Macherisches, denn hier wird offensichtlich ordentlich Tempo gemacht. Gleichzeitig ist das Präfix „Höchst-“ aus anderen Bereichen vertraut, wo es eindeutig positive Bereiche kennzeichnet, teilweise auch zum eigenen Schutz. Man denke nur an die Höchstbelastung oder die Höchstleistung.

Ein neuer Begriff muss her

Was ist die Lösung? Wenn die Sprache das Problem ist, dann ist die Sprache auch die Lösung. Der Begriff des Tempolimits muss abgelöst werden von einem Begriff, der auf die positiven Effekte der Geschwindigkeitsbegrenzung abzielt. In einer Zeit, in der alle Begriffe auf mögliche traumatisierende Potenziale abgeklopft werden, eine wahrhaft leichte Übung.

Hier eine kleine Auswahl von Begriffen, mit denen man in den Ring steigen könnte:

  • Solidargeschwindigkeit (weil ziemlich viele Ziele gleichzeitig erreicht werden)
  • Spritspargeschwindigkeit (der Geld- ist für viele attraktiver als der CO2-Beutel)
  • Vernunftgeschwindigkeit (haha)
  • Höchstgeschwindigkeit (der Klassiker)
  • Rettergeschwindigkeit (für die Klimabewussten)
  • Relax-Tempo (es geht doch um den Nutzen)
  • Idealgeschwindigkeit (Spritsparen und Entspannen)
  • Universalgeschwindigkeit
  • Zukunftsgeschwindigkeit
  • Economy Speed (Weil Englisch eh immer besser ist)
  • So schnell wie USA (Sie wissen schon, 65 mph) oder einfach US-Speed 😉

Sie haben eine bessere Idee? Sehr gut möglich! Einfach in den Kommentaren posten.

 

„Die Mannschaft“ wegen Umbenennung schlechter geworden?

Durch die Umbenennung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 2015 in „Die Mannschaft“ ist die Erfolglosigkeit gekommen. Nach diesem Muster wird heute oft argumentiert: ein kausaler Zusammenhang wird hergestellt, wo keine Korrelation besteht, sondern einfach zwei Phänomene gleichzeitig auftreten. Kann man machen, ist aber trotzdem falsch.

Dennoch – die Frage nach der Umbenennung, ihrem Grund und ihren Folgen, ist interessant. „„Die Mannschaft“ wegen Umbenennung schlechter geworden?“ weiterlesen

Deutsche Markennamen: Deutsh is coming home

Der Reiz von fremdsprachlichen Namen ist ein echter Dauerbrenner im Namensgeschäft. In Deutschland ist natürlich das Englische als Spendersprache besonders prominent. So klingen simple Begriffe im Englischen angeblich „einfach besser“ als im Deutschen, sei es als Übersetzung oder Lehnbildung. Oft wird es freilich lächerlich, so wie bei „Soccer Cups“ an Münchner Grundschulen.

Deutsche Namen haben es in Deutschland nicht immer leicht, „Deutsche Markennamen: Deutsh is coming home“ weiterlesen

Pi-hsien Chen: Titel „Mitteilungen vom unteilbaren Werk“

Der Name „Mitteilungen vom unteilbaren Werk” steht für eine Sammlung von sechs CDs, die bei Telos Music erschienen sind. Kuratorin, Künstlerin und Interpretin in einem ist Pi-hsien Chen. Rätselhaft wirkt dieser Titel – das zweimal vorkommende Element „teil“ trägt dazu bei, die klangliche Analogie zu „von unschätzbarem Wert” ebenso. Vor allem aber wirkt seine spontane inhaltliche Unzugänglichkeit. „Pi-hsien Chen: Titel „Mitteilungen vom unteilbaren Werk““ weiterlesen

Bairisch schöner schimpfen – Schimpfworte für Anfänger und Kenner

Viele Menschen aus anderen Gegenden ziehen nach Bayern. Natürlich kommt man dann gut mit Deutsch / Hochdeutsch zurecht. Aber man kann seinen Wortschatz ja auch erweitern. Die Ursprungsbayern unter den Lesern können sich wehmütig erinnern. Ich habe darauf geachtet, klanglich besonders ansprechende Repräsentanten mit Fokus auf Oberbayern auszuwählen. Voilà:

Bayernrauten Symbol für Bairisch weiß-blau

  • Loamsiada: langsamer, schwungloser Mensch – Schlaffi
    Übertragung ins Hochdeutsche: Leimkocher
  • Ruach: geiziger, geldgieriger Mensch
    Übertragung ins Hochdeutsche: schwierig, hat mit dem Ruch zu tun
  • Roozbibbm: Rotznase, traditionell gern für kleine Mädchen verwendet
    Übertragung ins Hochdeutsche: Rotznase
  • Bazi: Durchtriebener Mensch, teilweise auch bewundernd verwendet
    Übertragung ins Hochdeutsche: schwierig, Kürzung aus Lumpazius
  • Zwiderwurzn: Unausstehlicher, übellauniger Mensch, oft Frau oder Kind
    Übertragung ins Hochdeutsche: Ärgerwurzel
  • Beitlschneider: Jemand verlangt für eine Leistung unverschämt (zu) viel Geld
    Übertragung ins Hochdeutsche: Beutelschneider
  • Depp: Idiot, Einfaltspinsel auch zur Eigenkennzeichnung gern verwendet
    Übertragung ins Hochdeutsche: schwierig, aber mit täppisch verwandt
  • Gschwoischädl: Aufgeblasener Kerl, der meint, er wäre was ganz Besonderes
    Übertragung ins Hochdeutsche: Schwellkopf
  • Lapp: Mensch, der sich alles gefallen lässt
    Übertragung ins Hochdeutsche: Läppisch
  • Siebngscheit: Wichtigtuerische, neunmalkluge Person, die nervt
    Übertragung ins Hochdeutsche: Neunmalklug

Dank für Inspiration und Information geht wieder an Franz Ringseis für sein „Neues Bayerisches Wörterbuch“ und an Ludwig Zehenter für „Bairisches Deutsch“.

PS: Die Übertragungen ins Hochdeutsche sind natürlich oft nur vage Annäherungen.

 

Die Feldnüsse – Umbenennung von ???

Da soll noch einer sagen, mit deutschen beschreibenden Begriffen könne man nix machen. Ich hatte ja schon über Foidhendln berichtet und über andere mehr oder weniger verschleiernde Begriffe in der Kulinarik, aber nun ist mir etwas Bemerkenswertes im Biomarkt untergekommen: Feldnüsse.

Feldnüsse kennt man so natürlich nicht, aber sie klingen bodenständig und naturnah, fast wild. Außerdem sind Nüsse ja per se hochwertig. Kurioserweise handelt es sich bei den Feldnüssen einfach um eine Umbenennung der Sojabohnen, wie es im englischsprachigen, kleingeschriebenen Untertitel auch heißt. Vielleicht verkaufen sie sich so ja besser.

Nach Umbenennung: Sojabohnen verkauft als Feldnüsse

 

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