Das Wunder der Steaknamen

Preisfrage: Wofür zahlen Sie mehr?
Für ein Stückerl vom Kronfleisch oder für ein Skirt Steak?
Für einen Bauchlappen oder für ein Flank Steak?
Für die Rinderrippe oder das Beef Rib?

Selten kann man den Effekt von Umbenennungen schöner beobachten als beim tierischen Grillgut. Damit man ein totes Tier essen kann, muss man es zerteilen. Das kann man auf vielfältige Weise tun. Es gibt z.B. halbe Rinder, Viertelschweine oder Schweinehaxen. Bei so etwas oder beim Schwanz und der Nase ist der Abschnitt und damit der Name ziemlich logisch und ergibt sich aus der Anatomie. Bei den meisten anderen Stücken des Körpers kann man die Aufgabe vielfältiger lösen. Und da kommt die Kultur ins Spiel.

In den USA ist Grillen traditionell eine viel bedeutendere Zubereitungsart als in Deutschland – zumal in Deutschland lang die Wurst regierte. So ist es logisch, dass sich in den USA andere Fleischabschnitte eingebürgert haben als in Deutschland. Was sollte ein Amerikaner mit einem Tafelspitz anfangen, wenn es gar keine Tradition des Kochfleischs gibt? Und umgekehrt, in Deutschland löst man traditionell das Filet heraus und bereitet (leider) gern ohne Knochen am Fleisch zu, was die Idee eines T-Bone-Steaks wiederum grotesk erscheinen lässt. Und damit sind wir im Herzen des Themas.

Grillen ist heute in Deutschland extrem beliebt. Manche grillen Gemüse, klar, aber am prominentesten ist Fleisch in vielen Formen, die Königsklasse kommt allerdings von der Kuh. Vor wenigen Jahren gab es nur die Alternative Filet- oder Hüftsteak. Heute bietet der Metzger am Puls der Zeit dem Grilleur nicht die drögen deutschen Zuschnitte an (die es zum Grillen ja so quasi gar nicht gibt, und die man selber machen müsste – zum Beispiel den Tafelspitz aufschneiden und grillen) – sondern die fürs Grillen gemachten amerikanischen Cuts.
Und so sind wir wieder am Anfang.

War das Kronfleisch in Deutschland schon immer eher ein Geheimtipp als Kochfleisch oder schlichtweg was für den Hund, ist das Skirt Steak eine ganz andere Sache. Für den Metzger, und das sage ich neidlos und stattdessen Beifall klatschend, lohnt sich die Sache. Es sind ja auch optisch einfach zwei Paar Stiefel (ich erspare das Bild vom gekochten Fleisch):

Kronfleisch + Skirt Steak
© a_oldman/Shotshop.com, antoniotruzzi/Shotshop.com

Dass der deutsche Steakliebhaber lieber ein Porterhouse kauft als ein Hüftsteak, logisch. Dass das klappt, sieht man an den Grills und am Angebot. Und wer wäre jemals auf die Idee gekommen Bauchlappen zu steakieren? Flank Steak klingt herrschaftlicher, wobei so manches Flank besser im Kochtopf aufgehoben wäre.

Für die Metzger freut es mich. Ich hoffe, so hat der Beruf eine Zukunft. Im schlimmsten Fall können sich die Metzger ja auch noch umbenennen in Fleischsommelier, Fleischkurator oder Meat Curator. Wenn’s hilft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert